IBAO-Ethikrichtlinien

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IBAO-Ethikrichtlinien

1. Der Ethikrichtlinienausschuss der IBAO

Im Februar 2020 wurde der Fachbeirat des International Behavior Analysis Board (IBA) in mehrere Komitees unterteilt, die jeweils mit der Ausarbeitung von Bestandteilen der Anforderungen für die IBA- und IBT-Zertifizierungen 2021 beauftragt waren. Eines dieser Komitees war das Ethikkomitee, das sich unermüdlich mit der Recherche, Diskussion und Prüfung ethischer Leitfäden, Richtlinien und Kodizes verschiedener Berufsstände und Organisationen weltweit befasste. Dieses Wissen diente der Integration wichtiger ethischer Anforderungen, die in unterschiedlichen Kulturen weltweit relevant sind. Die Mitglieder dieses wichtigen Komitees verdienen besondere Anerkennung für ihren Einsatz, ihre Professionalität und ihre Detailgenauigkeit.

1.1 Mitglieder des Ethikkomitees der IBAO

  • Jessica Kelly, M.S., BCBA, IBA – Schweiz
  • Stef Schuldt, Dipl.-Ing. Psych., BCBA, IBA – Deutschland
  • Hira Khan, M.Ed, RBT, IBT – Ägypten/Pakistan
  • Fan Yu Lin, Ph.D., BCBA-D, IBA – China
  • Julianne Bell, MSc – Großbritannien, BCBA, IBA
  • Alexandrea Wiegand, MS, MBA, BCBA, IBA – Bahrain
  • Akanksha Chhettri, MA, BCBA, IBA – Ghana
  • Marija Stosic, M.A., SLP – Serbien
  • Rachel Arnold, M.Ed – Südkorea
  • Veronica Sirbu, MA – Republik Moldau
  • Ross Leighner, MA, IBA – Australien
  • Henriette Brandtberg, MSc Psych, IBA – Dänemark
  • Mohammed M. Al-Hammouri, Ph.D., IBA, CHPE, RN – Jordan
  • Orsolya Ujhelyi-Illes, MS, BCBA, IBA – Ungarn
  • Michael M. Mueller, Ph.D., BCBA-D, IBA – Vereinigte Staaten

2. IBAO-Ethikrichtlinien

Die Ethikrichtlinien der International Behavior Analyst Organization (IBA) bestehen aus drei wichtigen Komponenten: den Richtlinien selbst, dem Modell zur ethischen Problemlösung und einem Anhang mit kulturellen und regionalen Beispielen für die Anwendung des Modells sowie verschiedenen Interpretationen der Richtlinien. Wie noch genauer erläutert wird, sind ethische Grundsätze nicht immer eindeutig und nicht in jeder Situation gleich anwendbar. Es obliegt daher jedem IBA und IBT, die Richtlinien in allen Bereichen seines Berufslebens zu verstehen und anzuwenden.

  • Die ethischen Richtlinien
  • Das ethische Problemlösungsmodell
  • Anhang mit Beispielen und Auslegungen

2.1 Präambel

Die Internationale Organisation für Verhaltensanalyse (IBAO) hat die folgenden ethischen Grundsätze für die Berufsausübung von Internationalen Verhaltensanalytikern (IBAs) und Internationalen Verhaltenstherapeuten (IBTs) festgelegt. Von den durch die IBAO zertifizierten Fachkräften wird erwartet, dass sie in ihrer Praxis, ihren beruflichen Beziehungen und im Umgang mit der Öffentlichkeit höchste ethische Standards einhalten, um die Schutzbedürftigen zu schützen und die Angewandte Verhaltensanalyse (ABA) bestmöglich und menschlich zu repräsentieren. Die durch die IBAO zertifizierten Fachkräfte sind verpflichtet, die folgenden ethischen Richtlinien während ihrer gesamten beruflichen Tätigkeit zu befolgen.

Die Veröffentlichung der folgenden Ethikrichtlinien belegt die Standards, die von allen durch die IBAO zertifizierten Personen erfüllt werden müssen. Das öffentliche Bewusstsein für unsere angestrebten Prinzipien definiert die Verhaltenserwartungen, denen sich jeder IBA und IBT ab Beginn seiner Zertifizierungsausbildung und -aufsicht sowie während der gesamten Gültigkeitsdauer der Zertifizierung verpflichtet.

Die Ethikrichtlinien der IBAO sind Handlungsanweisungen, die in verschiedenen Kontexten und Situationen Anwendung finden. Sie dienen in erster Linie dem Schutz der Verbraucher sowie dem Schutz des Bereichs der Angewandten Verhaltensanalyse (ABA), der IBA/IBT und aller relevanten Interessengruppen. Die IBAO hat ein ethisches Problemlösungsmodell auf Grundlage der Arbeit von Rosenberg und Schwartz (2018) übernommen. Anstatt ethische Regeln in allen Situationen und zu jeder Zeit absolut und unflexibel zu befolgen, muss die IBA/IBT ein Modell anwenden, das auf gesundem Menschenverstand basiert (verbunden mit hohen persönlichen und ethischen Standards), um in Situationen, in denen verschiedene Richtlinien widersprüchlich erscheinen mögen, angemessen zu handeln. Die Ethikrichtlinien als Ganzes sind jederzeit einzuhalten. Die konkrete Umsetzung kann jedoch je nach Kontext und Situation variieren. Das Problemlösungsmodell und ein Anwendungsbeispiel finden sich am Ende der Ethikrichtlinien. Die IBAO unterhält einen Ethikausschuss, der sich aus Ethikberatern zusammensetzt. Diese stehen zur Verfügung, um bei der Suche nach einer Lösung zu helfen, die im besten Interesse aller Beteiligten liegt.

Rosenberg, N.E., Schwartz, I.S. Leitfaden oder Konformität: Was zeichnet einen ethisch handelnden Verhaltensanalytiker aus? Behavior Analysis Practice 12, 473–482 (2018)

Ethische Praxis

  • Schutz der Öffentlichkeit
  • Schützt das Spielfeld
  • Schützen Sie die IBA/IBT

2.2 Förderung der Rechte und der Würde der Klienten

2.2.1 Zertifizierte Fachkräfte müssen Klienten stets mit Respekt behandeln und deren Würde wahren. Die Wünsche der Klienten sollten nach Möglichkeit berücksichtigt werden. Alle Dienstleistungen sind mit Mitgefühl zu erbringen.

2.2.2 Schutz der Klienten/Klientenschutz. Alle Interaktionen und Dienstleistungen sind so zu gestalten, dass Klienten vor Schaden bewahrt werden. Zertifizierte Fachkräfte sind dafür verantwortlich, Dienstleistungen so zu erbringen, dass positive Veränderungen für den Klienten und sein Umfeld bewirkt und sein emotionales Wohlbefinden maximiert wird.

2.2.3 Bei der Entscheidung über die Behandlung sollten die Interventionen so wirksam wie möglich, aber gleichzeitig so wenig invasiv wie möglich sein.

2.2.4 Die Zertifizierten sollten die Risiken und Vorteile der Dienstleistungen besprechen und eine schriftliche Einwilligung nach Aufklärung für Dienstleistungen, Verhaltensbeurteilungen, Verhaltensinterventionen, den Austausch vertraulicher Informationen, Änderungen der Dienstleistungen, Audio- oder Videoaufnahmen und die Weitergabe von Daten einholen.

2.2.5 Die Zertifizierten wahren die Vertraulichkeit und die Privatsphäre ihrer Klienten. Eine Aufhebung der Vertraulichkeit ist nur zulässig bei Verdacht auf Missbrauch/Vernachlässigung, aus medizinischen Gründen (z. B. Meldung einer Diagnose in einem medizinischen Notfall), bei unmittelbarer Gefahr für den Klienten oder bei gesetzlicher Verpflichtung. Ist die Aufhebung der Vertraulichkeit gesetzlich vorgeschrieben, dürfen die Zertifizierten nur die relevanten Informationen weitergeben.

2.2.6 Zertifizierte Stellen speichern und bewahren Aufzeichnungen und Identifikationsdaten mindestens sieben Jahre lang sicher auf, gegebenenfalls auch länger, wenn lokale Vorschriften eine längere Aufbewahrungsfrist vorschreiben. Zu diesen Aufzeichnungen gehören unter anderem Beurteilungen, direkte Interaktionen mit Klienten (z. B. Beobachtungsnotizen, Sitzungszusammenfassungen, Befragungen von Pflegepersonen) sowie organisatorische, finanzielle und vertragliche Dokumente. Klienten haben das Recht, ihre Aufzeichnungen einzusehen. Ihre Einwilligung ist erforderlich, damit ihre Aufzeichnungen an Dritte (z. B. beteiligte Fachkräfte) weitergegeben werden dürfen.

2.3 Vielfalt respektieren

2.3.1 Zertifizierte Einrichtungen fördern die Gleichstellung aller Menschen und verpflichten sich, Entscheidungen im Zusammenhang mit der Leistungserbringung ohne Diskriminierung aufgrund von Behinderung, ethnischer Herkunft, Nationalität, Geschlecht, sexueller Orientierung, Religion, Alter oder sozioökonomischem Status zu treffen. Sie behandeln Klienten gleichberechtigt und gehen auf die individuellen Bedürfnisse jedes Einzelnen ein.

2.3.2 Zertifizierte respektieren kulturelle Praktiken, die von ihren eigenen abweichen. Bei der Zusammenarbeit mit Klienten und anderen Fachkräften, deren Überzeugungen, Werte und kulturelle Normen von denen des Zertifizierten abweichen, wird darauf geachtet, dass die Dienstleistungen mit Verständnis, Toleranz und Respekt für diese Unterschiede erbracht werden. Zertifizierte sind sich ihrer Verantwortung bewusst, persönliche Vorurteile zu überprüfen und abzubauen, die die objektive Erbringung von Dienstleistungen beeinträchtigen könnten.

2.3.3 Ungeachtet etwaiger Unterschiede zwischen Verbrauchern und Zertifizierungsstellen sollten Zertifizierungsstellen stets Objektivität anstreben und eine qualitativ hochwertige Betreuung mit absoluter Professionalität gewährleisten. Sollte die Objektivität oder das Urteilsvermögen aus irgendeinem Grund beeinträchtigt sein, sollten Zertifizierungsstellen ihre Dienstleistungen überdenken.

2.4 Kompetenz und Exzellenz

2.4.1 Die Zertifikatsinhaber sind ehrlich und fördern diese Qualität bei der Erbringung von Dienstleistungen, in beruflichen Beziehungen sowie in geschäftlichen und kommerziellen Unternehmungen.

2.4.2 Die Zertifikatsinhaber beweisen Integrität, indem sie Informationen und Dienstleistungen anbieten, die auf von Fachkollegen begutachteten Forschungsergebnissen, Daten und Verhaltenstheorien basieren, um Behandlungsentscheidungen zu fundieren.

2.4.3 Sicherheit hat oberste Priorität. Die Dienstleistungen müssen sicher erbracht werden, um die Sicherheit der Klienten zu gewährleisten. Besteht eine Gefahr für die Sicherheit des Klienten, stellt der/die Zertifizierte die Dienstleistung umgehend ein und ergreift alle notwendigen Maßnahmen, um die unsichere Situation zu beheben, bevor die Dienstleistungen fortgesetzt werden. Zertifizierte sind sich der möglichen Grenzen verhaltenstherapeutischer Interventionen bewusst.

2.4.4 Zertifizierte Fachkräfte arbeiten innerhalb ihrer Kompetenzgrenzen. Sie erbringen ausschließlich Dienstleistungen, die ihrer Ausbildung, ihren betreuten Praktika und ihrer Berufserfahrung entsprechen. Die Ausübung einer Tätigkeit außerhalb des eigenen Ausbildungsbereichs erfordert von der zertifizierten Fachkraft zusätzliche Schulungen und Supervision.

2.4.5 Kompetenz verbessern/Exzellenz anstreben. Zertifikatsinhaber sollten ihre Kenntnisse in Verhaltensanalyse und der ethischen Umsetzung von Dienstleistungen kontinuierlich erweitern. Sie bilden sich in fachspezifischen Themenbereichen durch anerkannte Weiterbildungsveranstaltungen weiter. Darüber hinaus nutzen sie weitere Möglichkeiten der Weiterbildung, um in ihrem Fachgebiet und in ethischen Fragen auf dem neuesten Stand zu bleiben.

2.5 Management, Aufsicht und Schulung

2.5.1 Zertifizierte Fachkräfte, die andere Fachkräfte – sowohl zertifizierte als auch nicht zertifizierte – anleiten, handeln dabei respektvoll, sorgfältig und fair. Sie sollen das Fachgebiet der Angewandten Verhaltensanalyse (ABA) fördern, indem sie sicherstellen, dass die Kandidaten selbst zu kompetenten, fähigen und ethisch handelnden Fachkräften ausgebildet werden.

2.5.2 Um das Wachstum des ABA-Bereichs weltweit zu fördern, werden Zertifikatsinhaber ermutigt, kostengünstige Mentoring- und Beratungsangebote bereitzustellen. Die Kosten sollten gestaffelt nach Region und Einkommenssituation der neu zertifizierten IBAs und IBTs festgelegt werden.

2.5.3 Den Kandidaten wird eine Ausbildung angeboten, die den erwarteten Anforderungen an die Betreuungsstunden gemäß den IBAO-Standards entspricht.

2.5.4 Die für die Aufsicht zuständigen Zertifikatsinhaber machen die Aufsichtsbeziehung dem Kunden und anderen Beteiligten bekannt.

2.5.5 Die Zertifikatsinhaber dokumentieren die Anforderungen an die Aufsicht angemessen und unterzeichnen die Kandidatendokumentation, wenn die Ziele zufriedenstellend erreicht wurden.

2.5.6 Zertifikatsinhaber beaufsichtigen die Ausübung der Tätigkeit anderer nur im Rahmen ihrer Kompetenz.

2.5.7 Sollte ein Zertifizierungsinhaber zu irgendeinem Zeitpunkt feststellen, dass sein Kandidat sich unethisch verhält oder unethische Praktiken anwendet, sei es vorsätzlich oder unabsichtlich, ist er verpflichtet, den Kandidaten unmissverständlich darauf hinzuweisen. Es sollte eine Lösung gefunden oder die berufliche Beziehung beendet werden. Der Zertifizierungsinhaber stellt sicher, dass die Ausbildung den Anforderungen der Ziele bzw. der Zertifizierung des Kandidaten entspricht.

2.6 Soziale Verantwortung

2.6.1 Die Zertifikatsinhaber verwenden in der Werbung korrekte Aussagen und stellen nur mögliche Ergebnisse dar, die ehrlich und den wahrscheinlichen Ergebnissen angemessen sind.

2.6.2 Wenn Zertifikatsinhaber Kunden- oder öffentliche Bewertungen im Rahmen der Werbung verwenden, werden diese Bewertungen nicht verändert und stellen die Ergebnisse aller gesammelten Bewertungen dar.

2.6.3 Wenn Zertifikatsinhaber öffentliche Erklärungen in der Werbung verwenden, ist darauf zu achten, dass der Zertifikatsinhaber nicht in eine Situation gerät, in der seine Objektivität in Bezug auf die Erbringung von Dienstleistungen beeinträchtigt wird.

2.6.4 Werden Fotos oder Videos von Minderjährigen in der Werbung verwendet, sollten die Rechte der Auftraggeber und die emotionalen Auswirkungen der Online-Veröffentlichung dieser Fotos und Videos berücksichtigt werden, um die abgebildeten Personen in gegenwärtigen und zukünftigen Situationen zu schützen.

2.6.5 Die Zertifikatsinhaber geben ihre erworbenen Qualifikationen korrekt wieder und verwenden ausschließlich Qualifikationen, die sie ordnungsgemäß erworben haben.

2.6.6 Zertifikatsinhaber sollten eine ethische Kultur fördern, indem sie selbst ethisches Verhalten vorleben und gegebenenfalls anderen dabei helfen, ethischere Verhaltensweisen zu erkennen.

2.6.7 Die Zertifikatsinhaber stellen sicher, dass Social-Media-Beiträge keine ethischen Richtlinien verletzen, insbesondere nicht die Datenschutz- und Vertraulichkeitsrechte der Kunden.

2.6.8 Die Zertifizierungsstellen weisen auf die geeigneten Kanäle hin, über die Verbraucher ihre Bedenken äußern können.

2.6.9 Wenn Verbraucher Bedenken oder Kritik äußern, nehmen die Zertifikatsinhaber dies professionell entgegen und arbeiten daran, die Situation im besten Interesse des Kunden zu beheben.

2.6.10 Zertifikatsinhaber nutzen das geistige Eigentum der IBAO und anderer Organisationen nur mit deren Genehmigung und in Übereinstimmung mit den geltenden lokalen Gesetzen. Fragen zur Nutzung des geistigen Eigentums der IBAO richten Sie bitte an info@theibao.com.

2.7 Professionelle Beziehungen

2.7.1 Die Zertifizierungsstellen identifizieren den „Auftraggeber“ vor der Leistungserbringung und teilen ihn allen Beteiligten mit. Als „Auftraggeber“ gilt der letztendliche Leistungsempfänger, nicht die Person, die für die Leistungen bezahlt.

2.7.2 Organisationen können die Dienstleistungen eines IBA in Anspruch nehmen. Beispiele für Dienstleistungen, die einer Organisation als Kunde angeboten werden, sind unter anderem Mitarbeiterschulungen, Förderprogramme zur Steigerung der Büroproduktivität und Schulungen zur Verhaltenssicherheit.

2.7.3 Die Zertifizierten handeln im besten Interesse ihrer Kunden. Die Zertifizierten gehen ausschließlich nicht-ausbeuterische Geschäftsbeziehungen ein.

2.7.4 Zertifikatsinhaber sollten sich darüber im Klaren sein, dass bestimmte Doppelbeziehungen problematisch sein und die Objektivität bei der Leistungserbringung beeinträchtigen können. Bestehen solche Doppelbeziehungen, weisen Zertifikatsinhaber alle Beteiligten auf das Potenzial für Interessenkonflikte und Einflussnahme hin. Ist die Objektivität beeinträchtigt, muss die berufliche Beziehung überdacht werden.

2.7.5 Die Zertifikatsinhaber respektieren und erfüllen vertragliche, gesetzliche und unternehmensinterne Verpflichtungen gegenüber ihren Arbeitgebern, an ihren Geschäftssitzen und im Zusammenhang mit der Erbringung von Dienstleistungen.

2.7.6 Die Zertifikatsinhaber beteiligen sich an Kooperationsbeziehungen mit Fachleuten anderer Disziplinen und Behandlungsteams, wobei das Wohl des Klienten im Vordergrund steht.

2.7.7 Wenn Zertifikatsinhaber vertragliche Beziehungen mit Kunden oder anderen Parteien eingehen, werden die mit den Verträgen verbundenen Kosten, die finanziellen Vereinbarungen und andere relevante finanzielle Aspekte vor der Leistungserbringung besprochen.

2.7.8 Zertifizierte Personen gehen nach Möglichkeit gegen Fehlverhalten und ungebührliche Praktiken von Einzelpersonen und Organisationen vor. Die Vorwürfe können mündlich, schriftlich oder durch einen Bericht erfolgen. Zertifizierte Personen ergreifen diese Maßnahmen, um die Integrität des Fachgebiets der Angewandten Verhaltensanalyse (ABA) zu wahren und dessen positives Ansehen in der Öffentlichkeit zu sichern.

2.7.9 Die Zertifikatsinhaber wahren auf verschiedene Weise angemessene professionelle Grenzen.

2.7.10 a) Wenn der Kunde eine natürliche Person ist, die unmittelbar von den Dienstleistungen des Zertifikatsinhabers profitiert, ist eine platonische Beziehung zu dieser natürlichen Person für mindestens zwei Jahre nach Beendigung der Dienstleistung aufrechtzuerhalten.

2.7.11 b) Platonische Beziehungen zu den Betreuern des Klienten und anderen Beteiligten pflegen, bis die professionelle Beziehung zum Klienten beendet ist.

2.7.12 c) Handelt es sich bei dem Auftraggeber um eine Organisation, pflegen Sie platonische Beziehungen zu den Mitarbeitern dieser Organisation, bis die berufliche Beziehung beendet ist.

2.8 Eigenverantwortung des Zertifikatsinhabers

2.8.1 Unter Berücksichtigung dieser Richtlinien haben die Eigeninteressen des Zertifikatsinhabers Vorrang vor den Interessen der Öffentlichkeit, des Klienten, aller potenziellen Interessengruppen und des Fachgebiets der Angewandten Verhaltensanalyse (ABA). Die Entscheidungsfindung sollte diese Prioritätenreihenfolge widerspiegeln.

2.8.2 Wenn Fälle eintreten, in denen der Zertifikatsinhaber bei der Leistungserbringung oder in beruflichen Beziehungen nicht objektiv sein kann, ist es seine Verantwortung, diese Umstände zu erkennen und eine Lösung zu finden, die die Würde des Kunden und aller Beteiligten wahrt und gleichzeitig das Fachgebiet schützt.

2.8.3 Zertifizierte lösen Situationen, in denen die Objektivität beeinträchtigt ist, indem sie die Dienstleistungen vorübergehend oder dauerhaft an einen anderen Anbieter übertragen, alternative Anbieter empfehlen, Verhaltensanalytiker konsultieren, die über mehr Erfahrung mit den jeweiligen Problemen verfügen, oder sich bei der Bearbeitung des Problems, das die mangelnde Objektivität verursacht, betreuen lassen.

2.9 Forschung und Veröffentlichung

2.9.1 Vor Beginn der Forschungsaktivitäten muss von allen Teilnehmenden eine informierte schriftliche Einwilligung eingeholt werden. Die Vertraulichkeit aller Forschungsteilnehmenden muss gewahrt bleiben.

2.9.2 Den Teilnehmern muss erklärt werden, wie sie an der Veranstaltung teilnehmen und wie sie ihre Teilnahme jederzeit und ohne Angabe von Gründen beenden können.

2.9.3 Im Anschluss an die Forschungsarbeiten sollten Nachbesprechungen stattfinden, in denen die Ergebnisse der Forschung erläutert und jegliche Anwendung von Täuschung offengelegt werden.

2.9.4 Vor Beginn der Teilnehmerrekrutierung müssen alle Forschungsprojekte von institutionellen oder lokalen internen Ethikkommissionen genehmigt werden.

2.9.5 Die Autorenangaben müssen die Reihenfolge ihres Beitrags korrekt wiedergeben.

2.9.6 Daten müssen in allen Situationen in der Praxis und bei der Präsentation von Forschungsergebnissen korrekt dargestellt werden.

2.9.7 Zertifikatsinhaber dürfen nur ihre eigenen Originalarbeiten als ihre eigenen ausgeben. Die korrekte Zitierung fremder Arbeiten muss den aktuellen Standards im Bereich der Angewandten Verhaltensanalyse (ABA) und den jeweils aktuellsten Publikationsrichtlinien der nationalen psychologischen Gesellschaft des Landes, in dem die Forschung oder die Veröffentlichung stattfindet, entsprechen.

3. IBAO-Modell zur ethischen Problemlösung

3.1 Lösung ethischer Probleme mithilfe eines Problemlösungsmodells

Bei der Erbringung von Dienstleistungen im Rahmen der Angewandten Verhaltensanalyse (ABA) können Situationen auftreten, in denen die zertifizierte Fachkraft aufgrund widersprüchlicher ethischer Richtlinien unsicher ist, wie sie vorgehen soll. Zertifizierte Fachkräfte lösen solche Dilemmata mithilfe des ethischen Problemlösungsmodells von Rosenberg und Schwartz (2018). Dieses Modell umfasst die Identifizierung des Dilemmas und der damit verbundenen Probleme, die Entwicklung möglicher Lösungen, deren Bewertung und die Umsetzung der gewählten Lösung.

In Situationen, in denen der Zertifikatsinhaber einen Interessenkonflikt verspürt, sollte er:

  • Beachten Sie, dass ein Konflikt besteht. Verstehen Sie, welche Richtlinien gelten.
  • könnten widersprüchlich sein.

Suchen Sie gegebenenfalls das Gespräch mit Kollegen, dem Klienten oder der Pflegeperson.

  • 3) Erstellen Sie eine Liste möglicher Lösungen.
  • 4) Besprechen oder bewerten Sie die Lösungen mit Kollegen, dem Kunden oder
  • Bei Bedarf eine Pflegekraft hinzuziehen und eine Lösung vereinbaren.
  • 5) Setzen Sie die gewählte Lösung um.
  • 6) Bewerten Sie Ihre Entscheidung und die Ergebnisse und teilen Sie diese mit denjenigen, die
  • wurden im Problemlösungsprozess konsultiert.

Eine IBA (Integrative Behavior Analyst) setzte beispielsweise ein grundlegendes Verhaltensmanagementprogramm ein, um Aggressionen zu reduzieren, die durch das Vermeiden von Aufgabenanforderungen verstärkt wurden. Bei der Anwendung eines dreistufigen Prompting-Verfahrens zur Sicherstellung der Kooperation und zur Verhinderung von Fluchtversuchen begann das Kind laut zu weinen – ein Verhalten, das nicht zu seinem üblichen Verhaltensrepertoire gehörte.

Da die IBA einen möglichen Konflikt vermutete, entschied sie sich für das Problemlösungsmodell und begann mit Schritt 1: „Seien Sie sich des Konflikts bewusst. Verstehen Sie, welche Richtlinien im Widerspruch zueinander stehen.“ Die IBA sah einen Konflikt zwischen der ethischen Richtlinie „Keinen Schaden anrichten“ und der ethischen Richtlinie „Wissenschaftliche Praxis“, die solche verstärkungsbasierten Interventionen zur Bewältigung schwerwiegenden Verhaltens unterstützt. Beide ethischen Richtlinien sind gerechtfertigt und angemessen, scheinen aber in diesem Fall in einem Widerspruch zu stehen.

Im Rahmen von Schritt 2 „Bei Bedarf Dialog mit Kollegen, dem Klienten oder der Bezugsperson suchen“ konsultierte die IBA eine Kollegin aus dem Bereich Verhaltensanalyse, schilderte die Situation und ihre Einschätzung des möglichen Konflikts. Durch diesen Dialog mit ihrer Kollegin fuhr sie mit Schritt 3 fort: „Eine Liste möglicher Lösungen erstellen“. Diese Liste enthielt unter anderem folgende Lösungsansätze: die Behandlung abbrechen und eine andere versuchen, die Behandlung vollständig abbrechen und den Schüler den Anforderungen aussetzen lassen oder die ursprüngliche Behandlung fortsetzen.

Für Schritt 4: „Besprechen oder bewerten Sie die Lösungen gegebenenfalls mit Kollegen, dem Klienten oder der Pflegekraft.“

und sich auf eine Lösung zu einigen“, bewertete sie die möglichen Lösungen nacheinander. Für die erste Option, nämlich zu versuchen

Bei einer neuen Intervention wog sie den Zeitaufwand für die Konzeption, die Einholung der Zustimmung und die Schulung des Personals ab.

Sie erwog, eine neue Maßnahme umzusetzen, die möglicherweise zum gleichen Ergebnis führen könnte. Sie glaubte nicht, dass dies ausschließen würde.

Sie hielt sich für eine der ethischen Richtlinien und hatte das Gefühl, dass sie sich bei einer Verzögerung wieder in derselben Situation befinden würde.

Sie benötigte eine Intervention. Daraufhin erwog sie die zweite Option, die Behandlung ganz abzubrechen. Sie entschied, dass dies zwar höchstwahrscheinlich zu weniger Weinen führen würde, aber nicht die Aggression gegenüber anderen verringern und wahrscheinlich gegen mehrere andere ethische Richtlinien verstoßen würde, zu deren Einhaltung sie geschult worden war. Schließlich zog sie die dritte Option in Betracht, die ursprüngliche Behandlung fortzusetzen. Aus Erfahrung und durch Rücksprache mit anderen IBAs wusste sie, dass negative emotionale Reaktionen bei der Anwendung von Flucht-Extinktion nicht ungewöhnlich und nur von kurzer Dauer sind, wenn diese mit positiver Verstärkung, wie sie in ihrem Interventionsplan vorgesehen war, kombiniert wird. Sie nutzte auch ihr Urteilsvermögen, um zu entscheiden, dass „keinen Schaden anrichten“ nicht als „niemals Unbehagen verursachen“ zu interpretieren war. Es wäre schädlicher für das Kind, weiterhin aggressiv zu sein und dadurch Bildungschancen zu verpassen.

Für Schritt 5, „Umsetzung der gewählten Lösung“, entschied sich die IBA dafür, die Behandlung fortzusetzen, die sie

Sie hatte es ursprünglich so geplant und es auch getreu umgesetzt.

Im Rahmen von Schritt 6: „Bewerten Sie Ihre Entscheidung und die Ergebnisse und teilen Sie diese mit denjenigen, die beteiligt waren.“

wurde in den Problemlösungsprozess einbezogen“, nachdem die Intervention bereits seit einigen Monaten lief.

Tage später dachte sie über ihre Entscheidung nach, um zu prüfen, ob sie richtig gehandelt hatte. Die Umsetzung hatte zu einer deutlichen Reduzierung der Aggressionen geführt; der Klient hatte nur in den ersten Stunden geweint, und die Lernziele wurden erreicht. Sie kam zu dem Schluss, dass es die richtige Wahl gewesen war, und freute sich, dass sie das einfache Problemlösungsmodell verstanden und angewendet hatte.

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